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Trans­formation überall

Deutschland will bis 2050 weitgehend klima­neutral werden. Amprion unterstützt den Wandel, baut das Netz um und wächst mit neuen Aufgaben. Wie ist das alles zu schaffen? Dr. Hans-Jürgen Brick, Vorsitzender der Geschäfts­führung, über Bodenständigkeit in bewegten Zeiten.

Herr Dr. Brick, was ist Heimat für Sie?

Heimat ist dort, wo ich mich zu Hause fühle. Das ist neben meiner Familie das Ruhrgebiet. Ich bin ein typisches Kind des Ruhrgebiets: 1960 in Essen geboren, aus einer Arbeiterfamilie stammend, mein Großvater war im Bergbau tätig. Ich mag die Menschen in dieser Region. Ihr Wort gilt, sie sind bodenständig und ziemlich direkt. Zu wissen, wo ich herkomme, gibt mir Halt – auch wenn sich das Ruhrgebiet in den vergangenen Jahrzehnten wie kaum eine Region in Deutschland verändert hat.

In welche Richtung?

Die Region hat sich im Rahmen des Strukturwandels weg von Kohle und Stahl wirtschaftlich neu ausgerichtet, in Teilen neu erfunden. ­Amprion hat seinen Hauptsitz in Dortmund – und dort gibt es inzwischen wieder so viele Arbeitsplätze wie zu Zeiten von Kohle und Stahl. Strukturwandel bedingt Veränderung. Und Veränderung erfordert zu lernen, sich weiterzuentwickeln. Das hat das Ruhrgebiet erfahren, das haben die dortigen Unternehmen erfahren. Und die Veränderungen gehen weiter. Das sehen wir an unseren Industriekunden aus der Region. Sie stehen – wie viele andere Unternehmen auch – am Beginn der nächsten Transformation: des Umbaus hin zu einem klimaverträglichen, dekarbonisierten Wirtschaftssystem.

„Wir kümmern uns darum, dass unsere Industriekunden künftig sicher und effizient grünen Strom aus unserem Netz beziehen können.“

Dr. Hans-Jürgen Brick

„Dekarbonisierung“ meint …

… den Abschied von fossilen Energieträgern, die für den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 verantwortlich sind. Man kann fast sagen: Nach dem Strukturwandel ist vor dem Strukturwandel. Die Klimaziele für Deutschland sind formuliert. Ich bin überzeugt davon, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind. Wie ein klimaneutrales Wirtschaftssystem aussieht, müssen wir noch herausfinden. Es zeichnet sich ab, dass zum Beispiel die Chemie- und die Stahlindustrie, die viel Energie benötigen, für die Produktion immer stärker erneuerbare Energien nutzen werden. Die wichtigsten Unternehmen der deutschen Grundstoffindustrie sind direkt an unser Netz angeschlossen.

Was tut Amprion für diese Unternehmen?

Wir kümmern uns darum, dass sie künftig sicher und effizient grünen Strom aus unserem Netz beziehen können. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag, um die Klimaziele zu erreichen. Dafür stärken wir unser Übertragungsnetz und planen gemeinsam mit den Kunden leistungsfähigere Anschlüsse. Es wird aber auch darauf ankommen, Speichertechnologien für erneuerbare Energien zu entwickeln. So will Amprion gemeinsam mit dem Gasnetzbetreiber OGE die Power-­to-Gas-Technologie erstmals in einem industriellen Maßstab von 100 Mega­watt Leistung erproben. Das alles sind für Industrieunternehmen entscheidende Rahmenbedingungen, damit sie weiter in Deutschland investieren und dort Arbeitsplätze erhalten werden können. Das ist mir auch in meiner Rolle als Vorsitzender der Geschäftsführung von Amprion wichtig. Durch ein stabiles Stromnetz wollen wir Unternehmen und Haushalten in einer Welt des dynamischen Wandels Sicherheit geben – und dabei die Kosten im Blick behalten.

„Wir unterstützen den Umbau zu einem klimaverträglichem, dekarbonisierten Wirtschaftssystem. Wir sagen, was wir tun – und tun, was wir sagen.“
Dr. Hans-Jürgen Brick

Auf welche Herausforderungen muss sich Amprion dabei einstellen?

Indem wir immer stärker erneuerbare Energien nutzen, wird unser Leben, wird unsere Wirtschaft nachhaltiger. Die Aufgaben eines Übertragungsnetzbetreibers werden dadurch aber immer komplexer. Bis vor wenigen Jahren haben wir Strom aus konventionellen Kraftwerken an Kunden in der Nähe übertragen – ein zumeist gut planbares Geschäft. Heute erzeugen Windkraft- und Solaranlagen den Strom weit entfernt von den Verbrauchern – und unsere Leitungen müssen ihn teilweise über hunderte Kilometer transportieren. Kern- und Kohlekraftwerke gehen vom Netz, Windkraft- und Photovoltaikanlagen speisen Strom wetterbedingt stark schwankend ein. Mal gibt es im Norden so viel Strom, dass das Netz ihn nicht abtransportieren kann. Mal wird das Wetter anders als vorhergesagt – und wir können das Netz nur stabil halten, indem wir Reservekraftwerke starten oder Großverbraucher flexibel steuern. Das ist bisweilen Schwerstarbeit und mit hohen Kosten verbunden. Es ist noch viel zu tun, bis wir ein Energiesystem haben, das die erneuerbaren Energien wirklich integriert. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir diese Transformation durch innovative Lösungen hinbekommen, ohne dass wir auf Wirtschaftskraft und Wohlstand in Deutschland verzichten müssen.

Haben Sie den Eindruck, die Deutschen wissen den Wert einer ­sicheren Stromversorgung zu schätzen?

Sagen wir es so: Ich möchte, dass jeder Mensch erkennt, welchen Beitrag eine sichere und zuverlässige Stromversorgung für sein Leben hat. Der Strom kommt zwar aus der Steckdose. Aber damit das so bleibt, muss es Menschen bei Amprion geben, die jeden Tag rund um die Uhr für ein stabiles Stromnetz sorgen. Darauf sind wir stolz. Und nicht nur Amprion, sondern auch die anderen Netzbetreiber in Deutschland investieren Milliarden in den Netzausbau, damit Deutschland die Energiewende meistert. Wir bei Amprion verstehen dies als Dienst an der Gesellschaft – wohl wissend, dass sich der Netzausbau manchmal mit den Interessen der Anwohner reibt. Unser Anspruch ist, ihre individuellen Belange mit denen des Gemeinwohls zu verbinden. Darüber, dass wir die Anwohner frühzeitig informieren, an Planungen beteiligen, Einwände berücksichtigen – und sie am Ende für einvernehmliche Lösungen gewinnen. Klar ist aber auch, dass wir auf diesem Weg nicht immer alle Seiten zufrieden stellen können.

Neue Herausforderungen, komplexe Aufgaben – offensichtlich steht auch Amprion selbst mitten in einer Transformation.

Ganz sicher. Die Energiewende und neue Ansprüche unserer Kunden verändern unsere Arbeit. Wir gestalten das Energiesystem der Zukunft mit, werden in den kommenden Jahren erstmals Windparks in der Nordsee unmittelbar an unser Stromnetz anschließen. Wir lernen permanent dazu, passen Prozesse und Strukturen an. Das gilt für alle Fachbereiche, aber auch für die Geschäftsführung, die wir im April 2020 erweitert haben. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Amprion-Mitarbeiter auf 1.800 verdoppelt. Allein 2019 haben mehr als 300 Kolleginnen und Kollegen neu bei uns angefangen – und wir wachsen weiter. Angesichts dieser Dynamik ist es wichtig, dass wir uns stets bewusst sind, was Amprion ausmacht und was unser Unternehmen für die Gesellschaft leistet. Davon wollen wir künftig stärker erzählen, wir werden uns bekannter machen.

Wäre Amprion ein Mensch, wie würde er ticken?

Er wüsste, woher er kommt und was er kann. Amprion steht in der Tradition jener Ingenieure, die vor 100 Jahren das Übertragungsnetz in Deutschland erfunden haben. Und mit unserer Systemführung in Brauweiler sorgen wir wie kein anderer Übertragungsnetzbetreiber dafür, dass das Verbundnetz in Deutschland sicher und effizient arbeitet. Das ist eine große Verantwortung. Das Wissen darum sollte demütig machen. Als Mensch wäre Amprion bodenständig, klug und sachorientiert. Ein Mensch, den man schätzt und bei Problemen als Ersten anspricht, also ein sympathischer Zeitgenosse (lacht).

Bei aller Veränderung – worauf können sich die Menschen in Deutschland bei Amprion verlassen?

Sie können sich darauf verlassen, dass wir alles tun, damit die Lichter in unserem Netzgebiet und in ganz Deutschland immer leuchten. Wir unterstützen den Umbau zu einem klimaverträglichen, dekarboni­sierten Wirtschaftssystem. Wir sagen, was wir tun – und tun, was wir sagen. Und wir werden weiter an Innovationen arbeiten, um das Energiesystem weiterzuentwickeln.

Interview  Volker Göttsche
Fotos  Hartmut Nägele