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Immer in Balance

Was haben eine Seiltänzerin und ein Netzbetreiber gemeinsam? Sie tun alles, um das Gleichgewicht zu ­halten. Im Stromnetz sind Erzeugung und Verbrauch in jedem Moment auszubalancieren. Dabei hilft die Schwungmasse von Generatoren.

Eine Akrobatin benötigt viel Übung, um sicher auf einem Seil zu laufen. Eine lange Balancierstange hilft ihr, das Gleichgewicht zu halten. Auch unser Stromnetz braucht Balance, damit es richtig arbeitet: Stromerzeugung und -verbrauch müssen in jedem Moment im Gleichgewicht sein. Dann arbeitet das Wechselstromnetz mit einer Sollfrequenz von 50 Hertz. Anlagen im Netz sind darauf eingestellt und funktionieren auch bei geringen Abweichungen. Bei größeren Abweichungen von der Sollfrequenz können Störungen im Netz auftreten.

Übertragungsnetzbetreiber balancieren Abweichungen durch verschiedene Maßnahmen aus. Bei Amprion übernimmt die Systemführung in Brauweiler bei Köln diese wichtige Aufgabe, indem sie auf Stromeinspeisung und -verbrauch einwirkt. Die Maßnahmen greifen allerdings unterschiedlich schnell. Um unvorhergesehene Abweichungen sofort auszugleichen, machen sich Übertragungsnetzbetreiber ein spezielles physikalisches Phänomen zunutze: die Trägheit schwerer Massen. Es lässt sich beim Autofahren beobachten, wenn man vom Gas geht: Das Fahrzeug bewegt sich im ersten Moment mit gleicher Geschwindigkeit weiter. In den Generatoren konventioneller Kraftwerke bewegen sich tonnenschwere Rotoren mit ihrer Drehzahl synchron zur Netzfrequenz. Fällt beispielsweise irgendwo im Netz ein Kraftwerk aus, rotieren diese Schwungmassen weiter und dämpfen den Frequenz­abfall. Fachleute sprechen von „Momentanreserve“. Bei der Seiltänzerin ist es die Balancierstange, deren Masse unerwarteten Schwankungen im ersten Moment entgegenwirkt.

System ohne Schwungmassen

Bis 2050 soll der Strom in Deutschland zu mindestens 80 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen. Viele Stunden lang sind dann keine konventionellen Kraftwerke mehr am Netz. Damit schwinden auch die Schwungmassen im System, die die Netzfrequenz stabilisieren. Um im Bild der Seiltänzerin zu bleiben: Die Balancierstange wird immer kürzer. Windkraft- und Photovoltaikanlagen, auf die sich künftig die Stromversorgung stützt, reagieren auf Abweichungen der Frequenz derzeit nicht sofort. Die Folge: „Bei unerwarteten größeren Störungen droht die Akrobatin vom Seil zu fallen“, sagt Marvin Kaiser, Amprion-Experte für das Verhalten des Stromsystems.

Deshalb arbeitet Amprion mit Partnern an neuen technischen Lösungen. Sie könnten zum Beispiel darin bestehen, das Verhalten von Windkraft- und Photovoltaikanlagen so zu ändern, dass diese sofort auf Frequenzabweichungen reagieren. „Der Seiltänzerin wollen wir wieder eine lange Balancierstange geben“, sagt Marvin Kaiser. „Damit die Frequenz im Stromnetz stabil bleibt.“

Text  Heimo Fischer
Illustration  Lisa Tegtmeier

Immer in Balance

Was haben eine Seiltänzerin und ein Netzbetreiber gemeinsam? Sie tun alles, um das Gleichgewicht zu ­halten. Im Stromnetz sind Erzeugung und Verbrauch in jedem Moment auszubalancieren. Dabei hilft die Schwungmasse von Generatoren.

Eine Akrobatin benötigt viel Übung, um sicher auf einem Seil zu laufen. Eine lange Balancierstange hilft ihr, das Gleichgewicht zu halten. Auch unser Stromnetz braucht Balance, damit es richtig arbeitet: Stromerzeugung und -verbrauch müssen in jedem Moment im Gleichgewicht sein. Dann arbeitet das Wechselstromnetz mit einer Sollfrequenz von 50 Hertz. Anlagen im Netz sind darauf eingestellt und funktionieren auch bei geringen Abweichungen. Bei größeren Abweichungen von der Sollfrequenz können Störungen im Netz auftreten.

Übertragungsnetzbetreiber balancieren Abweichungen durch verschiedene Maßnahmen aus. Bei Amprion übernimmt die Systemführung in Brauweiler bei Köln diese wichtige Aufgabe, indem sie auf Stromeinspeisung und -verbrauch einwirkt. Die Maßnahmen greifen allerdings unterschiedlich schnell. Um unvorhergesehene Abweichungen sofort auszugleichen, machen sich Übertragungsnetzbetreiber ein spezielles physikalisches Phänomen zunutze: die Trägheit schwerer Massen. Es lässt sich beim Autofahren beobachten, wenn man vom Gas geht: Das Fahrzeug bewegt sich im ersten Moment mit gleicher Geschwindigkeit weiter. In den Generatoren konventioneller Kraftwerke bewegen sich tonnenschwere Rotoren mit ihrer Drehzahl synchron zur Netzfrequenz. Fällt beispielsweise irgendwo im Netz ein Kraftwerk aus, rotieren diese Schwungmassen weiter und dämpfen den Frequenz­abfall. Fachleute sprechen von „Momentanreserve“. Bei der Seiltänzerin ist es die Balancierstange, deren Masse unerwarteten Schwankungen im ersten Moment entgegenwirkt.

System ohne Schwungmassen

Bis 2050 soll der Strom in Deutschland zu mindestens 80 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen. Viele Stunden lang sind dann keine konventionellen Kraftwerke mehr am Netz. Damit schwinden auch die Schwungmassen im System, die die Netzfrequenz stabilisieren. Um im Bild der Seiltänzerin zu bleiben: Die Balancierstange wird immer kürzer. Windkraft- und Photovoltaikanlagen, auf die sich künftig die Stromversorgung stützt, reagieren auf Abweichungen der Frequenz derzeit nicht sofort. Die Folge: „Bei unerwarteten größeren Störungen droht die Akrobatin vom Seil zu fallen“, sagt Marvin Kaiser, Amprion-Experte für das Verhalten des Stromsystems.

Deshalb arbeitet Amprion mit Partnern an neuen technischen Lösungen. Sie könnten zum Beispiel darin bestehen, das Verhalten von Windkraft- und Photovoltaikanlagen so zu ändern, dass diese sofort auf Frequenzabweichungen reagieren. „Der Seiltänzerin wollen wir wieder eine lange Balancierstange geben“, sagt Marvin Kaiser. „Damit die Frequenz im Stromnetz stabil bleibt.“

Text  Heimo Fischer
Illustration  Lisa Tegtmeier