Die Wolken hängen über dem Wattenmeer, es riecht nach Muscheln und Algen. Bei dichtem Regen stapft Christoph Evers durch das Watt vor der Insel Norderney. Der 33-jährige Raumplaner passiert Priele, die sich nun bei Ebbe langsam leeren. Dort, im sandigen Boden vor Ostfriesland, werden bald Seekabel verlaufen, die Strom von Windparks in der Nordsee zum Festland transportieren.
Christoph Evers arbeitet bei Amprion – und ist eine der vielen neuen Fachkräfte, die der Übertragungsnetzbetreiber aus Dortmund an Bord geholt hat, um sich auf das nächste Kapitel der Energiewende einzustellen: den Ausbau der Windenergie auf See. Damit Deutschland seine Klimaziele erreicht, sollen Windparks auf See nach dem Willen der Bundesregierung im Jahr 2030 so viel Strom liefern wie etwa 20 große Kohlekraftwerke. Dafür braucht es nicht nur die Windparks selbst, sondern auch neue Leitungen, die sie mit dem Stromnetz an Land verbinden. Nur so gelangt der Windstrom in die Industriezentren im Westen und Süden Deutschlands. Amprion wird dafür Milliarden investieren. Christoph Evers arbeitet daran mit, diese Leitungen zu planen und die notwendigen Genehmigungen einzuholen. Einer seiner Verantwortungsbereiche: das Watt zwischen Norderney und dem Festland.
Alles, was in diesem Bereich und auf hoher See geplant wird, war noch vor Kurzem Neuland für Amprion. „Bisher haben wir unser Übertragungsnetz ausschließlich an Land, also onshore, geplant, gebaut und betrieben“, sagt Evers und zeigt in Richtung Festland. „Nun geht Amprion erstmals offshore.“ Der 33-Jährige zeigt in Richtung Norderney. Die Offshore-Windparks, die Amprion ans Stromnetz anschließen soll, werden bis zu 130 Kilometer hinter der Insel im Meer entstehen. Voraussichtlich 2028 und 2029 werden die Anbindungssysteme in Betrieb gehen. Mit einer Leistung von jeweils 900 Megawatt könnten sie den Strombedarf einer Großstadt wie Hamburg decken.