Was kostet die Zukunft?

Amprion wird in den kommenden zehn Jahren mehr als 24 Milliarden Euro in den Netzausbau investieren. Wie ist das zu finanzieren? CFO Peter Rüth über seine Finanzierungspläne – und was Investoren an Amprion schätzen.

Herr Rüth, reden wir über Geld. Was kostet es, das Stromnetz in Deutschland fit für die Energiewende zu machen?

Allein die vier Übertragungsnetzbetreiber, die für den „Fernverkehr“ im Stromnetz zuständig sind, rechnen bis 2035 mit einem Investitionsbedarf von insgesamt mehr als 100 Milliarden Euro. Das schließt den Netzausbau an Land und auf See ein, also auch die Anbindungen von Offshore-Windparks an das Stromnetz. So tragen wir erheblich zur Dekarbonisierung und somit auch zum Erfolg der Energiewende bei. Mit den Investitionen, die sich auf viele Jahre verteilen, bauen wir ein nachhaltiges Energiesystem, dass die künftigen Bedarfe abdeckt, und sorgen so mit dafür, dass Deutschland klimaneutral wird.

Welche Investitionen kommen auf Amprion zu?

Unsere aktuellen Planungen für die kommenden zehn Jahren zeigen ein Investitionsvolumen von etwas mehr als 24 Milliarden Euro. Die entsprechenden Vorhaben sind allesamt energiewirtschaftlich getrieben und entsprechend vom Gesetzgeber bestätigt. Dazu gehören unter anderem vier Offshore-Netzanbindungssysteme und zwei Gleichstromverbindungen von Nord- nach Süddeutschland, aber auch eine Vielzahl von regionalen, dezentralen Maßnahmen im Wechselstromnetz. Ihre Bedeutung für die Energiewende wird oft unterschätzt. Darüber hinaus werden wir unter anderem neue, innovative Betriebsmittel in unser Netz integrieren, die dabei helfen, die Spannung stabil zu halten. Alle geplanten Maßnahmen werden zu einem klimaneutralen Energiesystem bis 2050 beitragen und dieses sicher und stabil halten. Als Übertragungsnetzbetreiber der nächsten Generation wollen wir den Umbau bestmöglich mitgestalten und suchen dabei auch nach Energieträger übergreifenden Lösungen.

Wie tragen Ihre Gesellschafter dazu bei, die Investitionen zu finanzieren?

Sie sind allesamt langfristig orientiert. Sie haben Amprion in 2015 zusätzliches Eigenkapital in Höhe von 400 Mio. Euro zur Verfügung gestellt und dies 2020 wiederholt. Das verstehen wir als großen Vertrauensbeweis. Und auch für die Zukunft haben uns unsere Gesellschafter bereits signalisiert, dass sie die Energiewende weiter eng mit uns begleiten möchten. Sie stehen hinter dem Investitionsprogramm. Das Eigenkapital ist aber nur ein wichtiger Bestandteil unserer Finanzierung. Hinzu kommt die Innenfinanzierung aus dem laufenden Cash-Flow, wodurch wir Investitionen aus liquiden Mitteln zum Teil finanzieren können. Gleichzeitig stehen dem Unternehmen auch die thesaurierten Gewinne für Investitionen zur Verfügung. Ferner nutzen wir verschiedene Fremdkapitalinstrumente. Hier haben wir uns vor allem mit Schuldverschreibungen (SSD) und Namensschuldverschreibungen (NSV) finanziert, ergänzt um Kredite und Förderdarlehen. Dieser Mix an Finanzierungsinstrumenten wird aber nicht reichen, um unser Investitionsprogramm in den kommenden zehn Jahren umzusetzen. Für solche Dimensionen werden wir uns noch breiter aufstellen.

Was haben Sie vor?

Wir denken insbesondere darüber nach, den internationalen Kapitalmarkt stärker zu nutzen und dort den Kreis der Fremdkapitalinvestoren mit Hilfe neuer Finanzprodukte zu erweitern. Dies vorzubereiten, ist unter anderem meine Aufgabe als Chief Financial Officer in der Geschäftsführung. Dem Aufsichtsrat von Amprion war es wichtig, diese Funktion zu stärken. Seit April 2020 bin ich an Bord. Eines meiner ersten Finanzierungsprojekte war im Oktober 2020 das Aufsetzen des sogenannten Commercial Paper Programms mit einem maximalen Emissionsvolumen von 900 Millionen Euro. Mit diesem kurzfristigen und flexiblen Instrument haben wir die Finanzierungsstruktur unseres Netzgeschäfts auf noch stärkere Beine gestellt. Im November 2020 folgte die bis dato größte SSD/NSV-Transaktion mit einem Volumen von 350 Millionen Euro. Wir werden auf diesem Weg weitergehen, denn wir empfangen sehr positive Signale aus dem Markt.

Amprion-Investitionen in den Netzausbau 2009 bis 2030


Bis 2020 hat Amprion insgesamt rund 6,3 Milliarden Euro in den Aus- und Umbau des Übertragungsnetzes investiert. Bis 2030 kommen 24,3 Milliarden Euro hinzu.

Investitionen 2009 – 2020 * Stand Dezember 2020.

Investitionen 2021 – 2030 (Prognose*)

Amprion-Investitionen in den Netzausbau 2009 bis 2030


Bis 2020 hat Amprion insgesamt rund 6,3 Milliarden Euro in den Aus- und Umbau des Übertragungsnetzes investiert. Bis 2030 kommen 24,3 Milliarden Euro hinzu.

Investitionen 2009 – 2020 * Stand Dezember 2020.

Investitionen 2021 – 2030 (Prognose*)

Was schätzen Investorinnen und Investoren an Amprion?

Es mag selbstverständlich klingen – aber wir verstehen unser Geschäft. Wir wissen, wie wir Projekte erfolgreich planen und realisieren. Trotz der Corona-Pandemie haben wir unser Netz 2020 für mehr als eine Milliarde Euro verstärkt und ausgebaut – eine Rekordinvestition! Als Übertragungsnetzbetreiber haben wir ein robustes, konjunkturunabhängiges und sicheres Geschäftsmodell. Unsere Netzausbauprojekte werden von der Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde genehmigt. Hinter jedem Projekt steht echte Physik. Wir investieren in Kabel, Leitungen, Anlagen, in Technologien. Wir haben also Assets zum Anfassen. Das Ganze steht auf einer absolut soliden finanziellen und wirtschaftlichen Basis und wird auch von externen Beobachtern honoriert. Entsprechend werden wir von unseren Ratingagenturen im Investmentgrade-Bereich bewertet.

„Kein Unternehmen kann es sich heute noch leisten, die ökologische und soziale Dimension seines Handelns zu ignorieren.“

Peter Rüth

Mit Stabilität und Sicherheit kann Amprion punkten. Wie sieht es mit einer Wachstumsperspektive aus?

Eines vorweg: Ein profitabel wachsendes Unternehmen ist für Investoren spannender als eines, das sich gesundschrumpfen muss. Wir wollen in unserem bestehenden Geschäftsmodell in einem gesunden Maße weiterwachsen. Das schließt auch den Bereich Offshore ein. Wir werden im Zuge der Energiewende aber sicherlich auch Chancen in angrenzenden Feldern prüfen. Das wäre zum Beispiel das Thema Wasserstoff zu nennen. Amprion denkt das Energiesystem sektorenübergreifend. Wir arbeiten an der Energiewende und nicht an der Stromwende. Das gehört zu den Stärken, die wir weiter ausbauen wollen. All das macht uns für Investoren attraktiv.

Mit welchen Projekten befassen Sie sich zurzeit noch?

Wir müssen Bedingungen schaffen, die es internationalen Investoren vereinfacht, uns noch besser zu verstehen und zu beurteilen. Wir werden daher künftig nach dem internationalen Rechnungslegungsstandard IFRS bilanzieren. In diesem Zusammenhang werden wir auch den Übergang in die moderne SAP-HANA-Welt einläuten. Parallel dazu richten wir Amprion deutlich stärker auf das Thema Nachhaltigkeit aus. Wir orientieren uns dabei unter anderem am Deutschen Nachhaltigkeitskodex. Gemäß der 2020 eingeführten EU-Taxonomie für nachhaltiges Wirtschaften gelten wir mit unserem Geschäftsmodell bereits als nachhaltig. Das entspricht unserer gesellschaftlichen Verantwortung – und ist mir auch persönlich wichtig.

Inwiefern?

Kein Unternehmen kann es sich heute noch leisten, die ökologische und soziale Dimension seines Handelns zu ignorieren. Bei Amprion fühlen wir uns den Menschen, der Umwelt und der Wirtschaft verbunden. Dies entspricht unserem Selbstverständnis: Amprion verbindet. Aus dieser Verbundenheit handeln wir – und bereiten den Weg für ein klimaneutrales, sicheres und effizientes Energiesystem. Zugleich suchen immer mehr institutionelle Investoren nach Unternehmen, die nachhaltig handeln. Am Kapitalmarkt treffen sich diese Interessen. Diese Chance wollen wir nutzen.

Zur Person
Peter Rüth ist seit April 2020 Mitglied der Geschäftsführung von Amprion. Als Chief Financial Officer (CFO) verantwortet er die Aufgabengebiete Finanzen, Controlling, Beteiligungsmanagement, Rechnungswesen, Steuern, Versicherungen, Regulierungsmanagement und Einkauf.
TextVolker Göttsche
FotosJulia Sellmann